Nachhaltigkeit im Interiorbereich

Bildquelle: Sec­to Design

Geht das über­haupt? Eine berechtigte Frage, denn die Möbel­welt lebt ja von Trends, Abwech­slung und der Suche nach immer wieder neu inspiri­eren­der Wohn­wel­ten. Wer heute noch den skan­di­navis­chen Stil lebt, ist nicht mehr up to date — lang­weilig. Also tauscht man weiße helle Stüh­le gegen große dun­kle Sofa­land­schaften und kauft sich eine immens große Hand voll Pflanzen: Urban Jun­gle und dun­kle Töne sind also Trend. Oder auch nicht mehr? Es wer­den Acces­soires, Stüh­le, Tis­che und co aus­ge­tauscht, auf den Müll gewor­fen, da sie nicht mehr zeit­gemäß sind, um immer der Masse zu ent­ge­hen und im Trend zu sein. Doch ist dieser Umgang mit unseren Ressourcen über­haupt noch zeit­gemäß? Wie sehr acht­en wir über­haupt darauf, welche Mate­ri­alien wir uns in unsere vier Wände stellen und was geht uns das an, was diese Mate­ri­alien mit unser­er Gesund­heit machen?

Bildquelle: grüne Erde

Nach­haltigkeit im Inte­ri­or­bere­ich beschäftigt mich schon län­gere Zeit. Ich bin immer mehr auf der Suche nach nach­haltigem Design und sehe es immer weniger ein, Kom­pro­misse einzuge­hen. Zum Glück wird nach­haltiges Design auch im Inte­ri­or­bere­ich zunehmend als Trend gese­hen. Eine nach­haltige Lebensweise ist in der Mod­ewelt schon lange ein The­ma, auch hat es unser Kon­sumver­hal­ten im Lebens­mit­tel­bere­ich schon längst verän­dert. In Deutsch­lands Großstädten sprießen Unver­packt- und Fair Fash­ion Shops nicht erst seit gestern aus dem Boden. Hier scheint es nicht nur ein Trend zu sein, son­dern auch eine Leben­se­in­stel­lung, eine Überzeu­gung ein Aus­druck inner­er Hal­tung: Eine Ein­stel­lung zu bessern Arbeits­be­din­gun­gen, einem anderen Umgang mit unser­er Umwelt und mit unseren Ressourcen.

Bildquelle: Skager­ak

Der Inte­ri­or­bere­ich tut sich aber nach wie vor sehr schw­er damit. Zwar wid­mete sich 2015 schon die Heim­tex­til Messe dem The­ma Nach­haltigkeit. 2016 kam im Rah­men ein­er großen Befra­gung zum The­ma Möbel und Nach­haltigkeit her­aus, dass drei Vier­tel der Deutschen Nach­haltigkeit beim Möbelka­uf wichtig ist. Aber es sind auch oft­mals die hohen Anschaf­fungskosten, die bei der Beschaf­fung von Möbel und anderen Wohnac­ce­soires den nach­halti­gen Blick eher eine unter­ge­ord­nete Rolle zus­pie­len. Let­zteres ist mein­er Mei­n­ung nach eine Milch­mäd­chen­rech­nung, denn weniger ist oft­mals mehr. Nun gut, Nach­haltigkeit ist uns also wichtig, aber führt das auch zu einem verän­derten Kon­sumver­hal­ten im Inte­ri­or­bere­ich?

Dabei ist zu beobacht­en, dass wir immer mehr auf der Suche nach nach­halti­gen Möbeln sind, die qual­i­ta­tiv und lan­glebig unsere vier Wände schmück­en und zugle­ich dem eige­nen ästhetis­chen Anspruch auch gerecht wer­den. Was genau wird den eigentlich unter Nach­haltigkeit ver­standen? Ohne einen Anspruch auf Voll­ständigkeit ver­ste­he ich Nach­haltigkeit als ein Zusam­men­spiel sowohl aus ökol­o­gis­chen als auch aus sozialen Aspek­ten.  Es geht also nicht nur um eine grüne Rohstoff­beschaf­fung aus heimis­chen Wäldern, son­dern auch um faire Arbeits­be­din­gun­gen in jeglichen Pro­duk­tion­ss­chrit­ten. Auch kurze Trans­portwege sind wichtig, in dem auf eine lokale Her­stel­lung geachtet wird.
Bildquelle: By Mölle
Und wie sieht es mit den Rohstof­fen aus? Ähn­lich wie in der Lebens­mit­tel­branche geht es bei nach­halti­gen Möbeln darum eher auf Plas­tik zu verzicht­en, Kun­st­stoffe, Kle­ber und Lacke zu ver­mei­den. Stattdessen sind den natür­lichen Stof­fen, wie Leinen, Holz und Naturstein Vorzug zu gewähren. Nun ist das nicht immer ein­fach, wenn das Herz zum Beispiel an Design­klas­sik­ern aus den 70er hängt, die aus Plas­tik beste­hen. Ja ich spreche  von den Eames Chair. Nach­haltig ist für mich aber auch ein bewußteres Kon­sum­ieren und auf einen guten Mix zu acht­en. Es gibt eine Hand voll Güte­siegel, die einem helfen nach­haltige Möbel in der Masse zu iden­ti­fizieren. Da ist zum Beispiel das FSC Siegel, es zeigt Dir ob das Holz aus ein­er sozialverträglichen Wald­be­wirtschaf­tung stammt oder nicht. Der Blaue Engel hinge­gen achtet auf eine schad­stoff­freie Fer­ti­gung. Good­weafe berück­sichtigt soziale und ökol­o­gis­che Kri­te­rien bei der Tep­pich­her­stel­lung. Und das sind nur drei von Vie­len.

Und wie ste­ht es bei der Nach­haltigkeit mit dem eige­nen ästhetis­chen Anspruch, denn gutes Design ist mir eben­so wichtig. Glück­licher­weise haben das führende Her­steller, wie zum Beispiel Carl Hansen und Son oder auch e15 erkan­nt. Im Nach­haltigkeits­bericht von e15 sind nicht nur die Aspek­te der Mate­ri­albeschaf­fung aus heimis­chen Wäldern als Fir­men­prinzip­i­en gen­nant. Nein e15 stellt auch faire und regionale Arbeits­be­din­gun­gen in den Vorder­grund. Durch die Pro­duk­tion in Deutsch­land und Öster­re­ich sind zugle­ich die Trans­portwege kurz.
Bildquelle: e15
Aber es sind nicht nur die Großen, die an einem nach­halti­gen Konzept arbeit­en. Kleine deutsche Man­u­fak­turen, die handge­fer­tige Pro­duk­te her­stellen, wie zum Beispiel Sascha und Lil­li von art­can­breaky­our­heart und kitschcan­makey­ourich , Julia und Niklas von Schneid Stu­dio oder dem dänis­chen Label wedowood. Let­ztere haben sich auf die Agen­da geschrieben Ästhetik, Funk­tion und einen respek­tvollen Umgang mit natür­lichen Ressourcen miteinan­der zu verbinden. So nutzen sie in der Her­stel­lung ihrer Möbel Bam­bus, da dieser ein schnell nachwach­sender Rohstoff ist.
Bildquelle wedoowood
Nach­haltigkeit ist auch ein The­ma beim dänis­chen Label Reform . Ein Unternehmen, dass Fron­ten und Arbeit­splat­ten für Ikea Küchen und Side­boards her­stellt. Anstatt Möbel kom­plett auszu­tauschen, ist es auch ein guter Ansatz, Teile, wie die Fron­ten zu wech­seln. Oft­mals ist der Kor­pus ein­er Küche noch voll funk­tion­stüchtig, die Fron­ten und die Arbeit­splat­te ger­at­en schneller in Mitlei­den­schaft. Die Lösung durch das Sys­tem durch Reform ist eine wun­der­bare nach­haltige und ästhetis­che Lösung zu gle­ich.

Bildquelle Reform
Das dänis­che Label Skager­ak achtet ähn­lich wie wedowood auf einen Ein­klang von Ästhetik und Nach­haltigkeit. In ihrem Konzept Designed for Gen­er­a­tions wollen sie nicht nur einem qual­i­ta­tiv­en Anspruch gerecht wer­den, son­dern es ste­ht auch auf der Agen­da in allen Pro­duk­tion­ss­chrit­ten Rück­sicht auf kün­ftige Gen­er­a­tio­nen zu nehmen. Inter­es­sant ist, dass dieser Anspruch nicht nur in der Mate­ri­albeschaf­fung beste­ht, son­dern auch in der stilis­tis­chen Aus­prä­gung der Gestal­tung. Ganz im Sinne des Slow Liv­ing Gedankens.

Bildquelle: Skager­ak
Das Nach­haltigkeit auch das Inter­esse der Möbel­branche geweckt hat, zeigt auch, dass zum ersten mal der Design Award für Nach­haltigkeit vergeben wird. Nach­haltigkeit kann aber nicht nur durch die Gestal­tung eines neuen Pro­duk­ts erre­icht wer­den, son­dern auch durch ein Upcy­cling bzw. Recy­cling eines Möbel­stücks.
Schon lange hat das The­ma Upcy­cling und Nach­haltigkeit Evas Herz von Lumikel­lo erobert. Sie ver­ar­beit­et alte T‑Shirts zu Kissen, Kör­ben und Tep­pichen. Mit viel Liebe zum Detail erobert sie ger­ade die Inte­ri­orszene. Sie häkelt aus geschenk­ten alten Klei­dungsstof­fen Wohnac­ces­soires mit ihrem Team und für jedes geschenk­te Klei­dungsstück gibt es eine Spende an gemein­nützige Ein­rich­tun­gen.
Bildquelle: Lumikel­lo
Eine andere Möglichkeit Nach­haltigkeit gerechter zu wer­den ist natür­lich auch der Kauf gebrauchter Möbel oder Wohnac­ces­soires. Unzäh­lige Gebraucht­waren­lä­den, Vin­tage Shops und Flohmärk­te bieten so viele Möglichkeit­en gute und ästhetis­che Stücke zu find­en. Aber oft­mals ist weniger auch mehr. Es lohnt sich auf etwas qual­i­ta­tiv hochw­er­tiges zu sparen, denn diese Möbel sind dafür gemacht, ein Leben lang zu hal­ten. Um der anfänglichen Frage gerecht zu wer­den: Ja, Inte­ri­orde­sign und Nach­haltigkeit kann sehr gut funk­tion­ieren. Dabei darf es aber nicht zu eng gese­hen wer­den und einen Aus­tausch aller bish­eri­gen Möbel­stücke, die nicht den nach­halti­gen Prinzip­i­en entsprechen, her­vor­rufen. Es geht viel mehr ein­her mit einem Umdenken und der Auf­bringung von Geduld. Denn Nach­haltigkeit ist nun mal teur­er. Aber dafür hält es oft ein Leben lang. Um es in Robert Walers Worten zu sagen (allerbesten Dank liebe Indre für diese Inspo):
“Ich bin überzeugt, dass wir viel zu wenig langsam sind”
Vielle­icht ist es das, was der Inte­ri­orszene fehlt, Langsamkeit. Ist das also Trend? Unbe­d­ingt!

6 Kommentare

  1. Oh wie toll liebe Schirin!
    Qual­ität und „im Sinne der Natur und unser­er eige­nen Umwelt“ — wichtig und gut!:)
    Grüne Erde ist da auch ganz gut drauf find ich (vom Mate­r­i­al und vom Design her…)
    Danke für deinen tollen Beitrag!
    Lieb­ste Grüße
    Katrin

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    • schmasonnen

      Liebe Katrin,
      danke für Deine Worte. Es ist nicht ein­fach diese Gedanken und Ideen zu Nach­haltigkeit als Inte­ri­or­blog­ger aufs Papi­er zu brin­gen. Es freut mich, dass es Dir gefällt.
      Liebe Grüße
      Schirin

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  2. Julika | 45 lebensfrohe Quadratmeter

    Nach­haltigkeit ist ger­ade auch im Inte­ri­or Bere­ich richtig wichtig! Ich ren­oviere ja ger­ade meine neue Bleibe und über­lege viel hin — und­her, wie ich sie ein­richt­en aknn. Von schnellschüssen und gün­stiger Ware bin ich weit ent­fer­nt, gut Ding braucht ein­fach ein wenig Weile und wenn gutes Design dann noch lange hält, darf auch ruhig etwas draufhin ges­part wer­den. Um so größer ist die Freude dann, wenn das neue Stück einzieht. : )
    Viele liebe Grüße! Juli­ka

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    • schmasonnen

      Ja unbe­d­ingt liebe Juli­ka, es brauch Zeit, das merke ich auch immer mehr. Ich bin ges­pan­nt auf das Ergeb­nis bei Dir. Viele Grüße nach Osnabrück.

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  3. Minza will Sommer

    Toller Blog­post, weißte ja, Lieblings­the­ma! 🙂 So toll, dass es mehr und mehr beachtet wird; auf Seit­en der Ver­brauch­er und angesichts dessen lei­der auch in Form von Green­wash­ing bei denen die wer­be­wirk­sam mit­spie­len wollen, aber auch Unternehmen die sich dem ern­sthaft annehmen.
    Diverse Siegel sehe ich lei­der total kri­tisch, sei es FSC oder der Blaue Engel. Ein Blick in die Bes­tim­mungen der Zer­ti­fizierun­gen und so viele üble Berichter­stat­tun­gen machen mich beizeit­en richtig sauer.
    Mein kri­tis­ches Nach­fra­gen u.a. auf der Möbelmesse in den ver­gan­genen Jahren (da hat man se ma alle beisam­men), ger­ade bei Fir­men die sich seit jeher der “Nach­haltigkeit” ver­schrieben haben, das hat mich ehrlich gesagt ger­adezu schock­iert. Aber es gibt auch die Guten — feine Perlen die es zu find­en gilt (eher nicht auf der Messe); und ger­ade mit kleineren Man­u­fac­turen mehr und mehr her­vor treten.
    Trends sind, finde ich, immerzu eine span­nende Sache (auch nicht unbe­d­ingt auf der Messe zu find­en, da ist der Trend bere­its massenkom­pat­i­bel und ein paar Jahre alt, anderes The­ma). Da braucht es doch oft gar nicht viel, möchte man ihn für sich indi­vid­u­al­isiert umset­zen, lediglich Verän­derun­gen, Ergänzun­gen, oder?!
    Das teils fast wahn­hafte erset­zen alles “Bösen” durch “Gutes” (ökol­o­gisch, ökonomisch, sozial, kul­turell, … fair Gefer­tigtes), ist m.E. nicht sel­ten völ­lig falsch ver­standene Nach­haltigkeit — Massenkon­sum in “grün”. Kein neues Pro­dukt ist bzgl. des Nach­haltigkeits­gedanken so gut wie bere­its Vorhan­denes aufzubrauchen, zu repari­eren, zu upcyceln, zu tauschen, … (ausgenom­men von Fleece mit Mikro­plas­tik etc.). Gut, mit dem Aspekt habe ich mich gegen das Gößer­w­er­den meines Blogs entsch­ieden, mei­de Kau­fan­reize, es gibt keine Affil­i­atelinks, keine Koop­er­a­tio­nen die mitunter Ruhm und Ehre und sich­er auch wohltuende Anerken­nung brin­gen, aber nicht zum Wertev­er­ständ­nis passen. Ne kon­se­quente Hal­tung, die nicht nur für den Blog, auch the­memüber­greifend ohne Dog­ma­tismus daher kommt, mit Milde, mit Auseinan­der­set­zung und kleinen Tat­en von mir und gewün­scht vie­len + gedanke­nan­re­gen­den Blog­posts wie auch Deinen. Danke!

    Her­zliche Grüße . Maren, die Kurz­fasser­nulpe

    Antworten
    • schmasonnen

      Liebe Maren, Du bist und bleib­st mein absolutes Vor­bild in Sachen Nach­haltigkeit. Wie gerne würde ich mich viel öfter mit Dir darüber unter­hal­ten, im realen Leben. Danke für Deine Inspi­ra­tion.

      Antworten

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